Was bringt 2022 Neues im Arbeitsrecht?

Was bringt 2022 Neues im Arbeitsrecht?

Wie jeder Jahresbeginn hält auch das Jahr 2022 einige zu beachtende arbeitsrechtliche Neuerungen bereit. Auch wegen der weiterhin andauernden COVID-19-Pandemie sah sich der Gesetzgeber erneut zu einigen Änderungen veranlasst. Hinsichtlich der im Frühjahr anstehenden Betriebsratswahlen werden nun die bereits im vergangenen Jahr geänderten „Spielregeln“ relevant. Über diese und alle weiteren wichtigen arbeitsrechtlichen Entwicklungen informieren wir Sie in unserem aktuellen Beitrag.

Mindestlohn

Am 01.01.2022 stieg der bundeseinheitliche gesetzliche Mindestlohn auf EUR 9,82 brutto je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde. Zum 01.07.2022 erfolgt eine weitere Erhöhung auf EUR 10,45 brutto pro Stunde. Darüber hinaus kündigte die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag eine einmalige Erhöhung des Mindestlohns auf EUR 12,00 brutto sowie die Prüfung weiterer Erhöhungsschritte an.

Mindestvergütung für Auszubildende

Auch die Mindestvergütung für Auszubildende erhöhte sich für ab den 01.01.2022 beginnende Ausbildungsverträge auf EUR 585 brutto im ersten Lehrjahr. In den Folgejahren muss die Vergütung jeweils um 18 %, 35 % bzw. 40 % von diesem Grundbetrag ansteigen.

Auch künftig erleichterter Zugang zu Kurzarbeitergeld

Die aufgrund der COVID-19-Pandemie befristet eingeführten Regelungen, welche einen erleichterten Zugang zu Kurzarbeitergeld ermöglichen, wurden bis zum 31.03.2022 verlängert. Darüber, was dies konkret bedeutet, haben wir Sie bereits in unserem letzten Newsletter informiert.

Wiedereinführung der Corona-Sonderregelungen für die Betriebsratsarbeit

Bereits am 12.12.2021 wurden die am 30.06.2021 ausgelaufenen „Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ betreffend die Betriebsratsarbeit wieder eingeführt. Damit können Betriebsversammlungen, Versammlungen der leitenden Angestellten sowie Sitzungen der Einigungsstelle – zunächst befristet bis zum 19.03.2022 – wieder virtuell stattfinden (§ 129 BetrVG).

Betriebsratswahlen im Frühjahr mit geänderten Regeln

Turnusgemäß finden dieses Jahr vom 01.03. bis 31.05.2022 wieder Betriebsratswahlen statt. Das sog. „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“ brachte einige Änderungen mit sich. Hervorzuheben ist die Herabsetzung des Wahlalters (Wahlberechtigung) vom 18. auf das 16. Lebensjahr – für das passive Wahlrecht (Wählbarkeit) bleibt es hingegen bei der Volljährigkeit. Über weitere Neuerungen, z.B. Ausdehnung des vereinfachten Wahlverfahrens, Reduzierung der Stützunterschriften, Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeit, informierten wir Sie bereits in unserem Beitrag im Juli 2021.

Verpflichtende Arbeitgeberbeiträge auch bei Altverträgen zur betriebliche Altersvorsorge (bAV)

Seit Jahresbeginn greift eine Regelung aus dem bereits 2018 in Kraft getretenen „Betriebsrentenstärkungsgesetz“. Auch für bereits bestehende Vereinbarungen zur bAV wird auf das umgewandelte Entgelt des Arbeitnehmers nun ein Zuschuss des Arbeitgebers von 15 % fällig (§ 26a BetrAVG). Bislang galt dies nur für nach dem 01.01.2019 abgeschlossene Verträge. Arbeitgeber sollten daher sämtliche bis zum 31.12.2018 geschlossenen Altvereinbarungen zur Entgeltumwandlung prüfen.

Whistleblowing-Richtlinie

Nach der Ende Oktober 2019 verabschiedeten EU-Richtlinie 2019/1937 zum Schutz von Whistleblowern (Whistleblowing-Richtlinie) sollen Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten verpflichtet sein, eine klar vorgeschriebene Möglichkeit zur Meldung von Missständen innerhalb eines Unternehmens zu schaffen (interne Meldestelle) und Hinweisgeber vor Repressalien zu schützen. Zwar hat Deutschland die fristgerechte Umsetzung zum 17.12.2021 durch ein bereits geplantes „Hinweisgeberschutzgesetz“ versäumt. Obgleich die Whistleblowing-Richtlinie keine unmittelbare Wirkung für Unternehmen entfaltet, kann sie im Rahmen der Auslegung deutscher Gesetze durch Gerichte berücksichtigt werden, weshalb sie schon jetzt zu beachten ist. Betroffene Unternehmen sind daher gut beraten, ihre internen Meldestrukturen zu überprüfen und ggfs. Anpassungen vorzunehmen.

Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union

Nicht weniger beachtenswert ist die bis zum 01.08.2022 umzusetzende Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union. Zum einen wird die Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmern auf alle das Arbeitsverhältnis betreffenden – und folglich nicht mehr nur vertraglich vereinbarte – Aspekte erweitert und auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses – statt bis zu zwei Monate nach Arbeitsaufnahme – vorverlagert. Darüber hinaus sind künftig Mindestanforderungen an einzelne Arbeitsbedingungen, wie z.B. die Höchstdauer der Probezeit, Einschränkung von Nebentätigkeitsverboten und Fristen bei einem Arbeitsabruf, festzulegen. Wann konkret mit den Gesetzesänderungen zu rechnen ist, bleibt abzuwarten. Arbeitgeber sollten sich jedoch zeitnah mit den erweiterten Informationspflichten und der begrenzten Flexibilität hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsbedingungen auseinandersetzen.

Erklärungspflicht statt Rechtsanspruch – Pflichten durch ein „Mobiles Arbeit-Gesetz“?

Herausforderungen mit sich bringt auch die galoppierende Entwicklung des mobilen Arbeitens, dessen Förderung sich auch die Ampelkoalition auf die Fahne geschrieben hat. Ein überarbeiteter Referentenentwurf eines Gesetzes zur mobilen Arbeit („Mobile Arbeit-Gesetz“) liegt bereits seit Januar 2021 vor. Darin wurde ein ursprünglich geplanter Anspruch der Arbeitnehmer auf bis zu 24 Tage mobiles Arbeiten gestrichen. Vorgesehen ist nunmehr eine Erklärungspflicht des Arbeitgebers, sollte er den Antrag des Arbeitnehmers auf mobiles Arbeiten ablehnen. Kommt er dieser Pflicht nicht spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn nach, soll die beantragte mobile Arbeit automatisch als vereinbart gelten, maximal jedoch nur für eine Dauer von sechs Monaten. Arbeitgeber sollten daher künftig auf entsprechende Anträge der Arbeitnehmer vorbereitet und sich – nach Inkrafttreten des Gesetzes – der Erforderlichkeit fristgebundenen Handelns bewusst sein.

Diese und weitere interessante arbeitsrechtliche Entwicklungen sind Gegenstand unseres kostenlosen Webinars „Neues aus dem Arbeitsrecht – Was Sie für 2022 wissen müssen!“ am 27.01.2022 um 11:00 Uhr, zu dem wir Sie herzlich einladen.

Wir wünschen Ihnen ein frohes und vor allem gesundes neues Jahr!

 

 

Dr. Anja Naumann, LL.M.

Rechtsanwältin

Sven Groschischka

Rechtsanwalt

 

 

 

Link zur Homepage: cms.law

 

Zurück