Kurzarbeit Null – Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?

Kurzarbeit Null – Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?

Nicht nur der Strukturwandel macht der Automobilindustrie zu schaffen. Die Corona-Krise und der Mangel an Halbleitern führt zu Produktionsunterbrechungen. Daher muss immer wieder Kurzarbeit angeordnet werden – trotz voller Auftragsbücher. Gleichzeitig naht mit dem Jahresende die Weihnachts- und damit die Urlaubszeit. Wie sich Kurzarbeit Null auf den Urlaubsanspruch auswirkt, hat dieses Jahr das Landearbeitsgericht Düsseldorf entschieden.

Entstehen eines Urlaubsanspruchs unabhängig von Kurzarbeit

Grundsätzlich setzt das Entstehen des Urlaubsanspruchs nur ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus, so sagt es das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbringt. Damit steht auch die Vereinbarung von "Kurzarbeit Null", womit sich die Arbeitsvertragsparteien auf eine vorübergehende Suspendierung der Arbeitspflicht einigen, dem Entstehen eines Urlaubsanspruchs grundsätzlich nicht entgegen.

Verknüpfung von Urlaubsanspruch und Arbeitspflicht

Aber: In welcher Höhe besteht der Urlaubsanspruch? Dies richtet sich in erster Linie danach, an wie vielen Tagen in der Woche eine Arbeitspflicht besteht. Das BUrlG sieht einen Urlaubsanspruch von 24 Werktagen pro Kalenderjahr vor, geht dabei allerdings von einer 6-Tage-Woche aus. Bei einer Arbeitszeit von typischerweise fünf Tagen pro Woche steht einem Arbeitnehmer damit ein gesetzlicher Mindestanspruch von 20 Urlaubstagen zu. Das BUrlG verknüpft also den Urlaubsanspruch mit der Arbeitspflicht. Dies widerspricht nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 – C-385/17) auch nicht der Arbeitszeit-Richtlinie (2003/88/EG), weil der Erholungszweck des Urlaubsanspruchs gerade voraussetzt, dass der Arbeitnehmer auch gearbeitet hat.

LAG Düsseldorf: "Kurzarbeit Null" rechtfertigt eine Kürzung des Urlaubsanspruchs

Der Rechtsprechungslinie des EuGH folgend hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) auch für Zeiten unbezahlten Sonderurlaubs und für die Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell die Entstehung eines Urlaubsanspruchs abgelehnt (BAG, Urteil vom 19.03.2019 – 9 AZR 406/17; BAG, Urteil vom 03.12.2019 – 9 AZR 33/19). Ebenfalls dieser Rechtsprechungslinie folgend hat das LAG Düsseldorf (Urteil vom 12.03.2021 – 6 Sa 824/20) nun entschieden, dass auch für Zeiten von "Kurzarbeit Null" nichts anderes gelten kann und damit die anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Zeiten der Nichtarbeit gerechtfertigt ist. Der Jahresurlaubsanspruch sei damit jedenfalls für jeden vollen Monate mit "Kurzarbeit Null" um 1/12 zu kürzen. Zwar ist die Entscheidung des LAG Düsseldorf bislang noch mit Vorsicht zu betrachten, weil die Revision zum BAG zugelassen wurde. Aufgrund der aufgezeigten Entscheidung des EuGH ist eine anderslautende Entscheidung des BAG unseres Erachtens jedoch unwahrscheinlich.

Problem: Lohnabrechnungen weisen ungekürzten Urlaubsanspruch aus

An der Bewertung, dass eine anteilige Kürzung des Urlaubsanspruchs gerechtfertigt ist, wird man grundsätzlich auch dann festhalten können, wenn dem Arbeitnehmer beispielsweise in bisherigen Lohnabrechnungen eine höhere Anzahl von Urlaubstagen mitgeteilt worden ist, als ihm eigentlich nach der Kürzung zusteht. Der Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen kommt regelmäßig nicht der Bedeutungsgehalt zu, der Arbeitgeber wolle den ausgewiesenen Urlaub auch dann gewähren, wenn er ihn nicht schulde. Arbeitgebern ist gleichwohl zu raten, die gekürzte Anzahl der Urlaubstage bei der Belehrung über noch bestehende Resturlaubsansprüche zu berücksichtigen, um Streitigkeiten zu vermeiden.

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Dr. Antje-Kathrin Uhl

Rechtsanwältin

Dr. Anja Naumann, LL.M.

Rechtsanwältin

 

 

 

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